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Revisionsverfahren zur steuerlichen Anerkennung von offenen inkongruenten Gewinnausschüttungen

Nachstehendes Urteil bestätigt weitreichende steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten mittels inkongruenter Gewinnausschüttungen.

 

In Urteilsfall waren an der A-GmbH zu 50% der Kläger und Geschäftsführer sowie zu 50% die B-GmbH beteiligt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B-GmbH war ebenfalls der Kläger. Mittels Gesellschafterbeschlüssen für die einzelnen Streitjahre wurden Vorabgewinnausschüttungen beschlossen, die jeweils unmittelbar und vollständig der B-GmbH zuflossen (inkongruente Gewinnausschüttungen).

 

Die spätere Betriebsprüfung ordnete die Gewinnausschüttungen jedoch zu 50% dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu und unterwarf sie rückwirkend dem Abgeltungssteuersatz. Als Begründung führte sie an, es läge kein handelsrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss vor. Die satzungsbrechenden Dauerbeschlüsse hätten einer notariellen Beurkundung bedurft. Zudem läge ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO vor.

 

Dem folgte das FG Münster (Urteil v. 6. 5. 2020 – 9 K 3359/18 E, AO) nicht und ordnete die Kapitaleinkünfte vollständig der B-GmbH zu, bei der diese zu 95% steuerfrei waren (§ 8b Abs. 1, 5 KStG).

 

Das Gericht führte folgende Grundsätze der steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen aus:

  • Gesellschaftsrechtlich sind inkongruente, d.h. von den Beteiligungsverhältnissen abweichende, Gewinnausschüttungen zulässig. Zivilrechtlich wirksame Gewinnverteilungsbeschlüsse sind grundsätzlich auch für die steuerliche Zuordnung der Kapitaleinkünfte maßgebend.
  • Der Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag einer GmbH einen von § 29 Abs. 3 S. 1 GmbHG abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel oder eine Öffnungsklausel nicht vorsieht, lässt die zivilrechtliche Wirksamkeit eines unter Zustimmung aller Gesellschafter zustande gekommenen Beschlusses über die abweichende Gewinnverteilung nicht entfallen.
  • Ein von der Satzung abweichender Gewinnverteilungsbeschluss stellt keine Satzungsänderung dar, die zu ihrer Wirksamkeit notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden müsste. Gesellschafterbeschlüsse, die Satzungsrecht durchbrechen, aber nur einen Einzelfall regeln (punktuelle Wirkung) und keine Satzungsänderung beinhalten sind zivilrechtlich zulässig und wirksam.
  • Die temporäre Vermeidung von Abgeltungsteuer und niedrigere Versteuerung bei der GmbH stellt keinen steuerlichen Vorteil im Sinne des § 42 AO dar, da tatsächlich keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Geld bei der natürlichen Person erlangt wurde. Auch führt der Umstand, dass das liquide Vermögen der GmbH nach §§ 13a, b ErbStG a.F. schenkungsteuerfrei übertragen werden konnte nicht zu einer einkommensteuerrechtlichen Versagung.

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