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Freizeichnungsdokument bei elektronischen Steuererklärungen: Bestehen hier ggf. straf- und bußgeldrechtliche Risiken für Mandanten?

Aktuell besteht die Diskussion in Fachkreisen, welche Vor- und Nachteile das sog. Freizeichnungsdokument für Berater und Mandanten hat.

Die Finanzverwaltung hat bei elektronischen Erklärungen das Freizeichnungsdokument vorgesehen (vgl. den Hinweis hierzu in Stbg 2017, S. 482).

Dieses wurde nunmehr seit Beginn des Jahres in die entsprechenden Softwareprodukte zur elektronischen Erklärungsabgabe integriert. Durch dieses Dokument soll einerseits dem Berater durch die Unterschrift seines Mandanten Rechtssicherheit im Mandatsverhältnis gegeben werden.

Andererseits kann der Berater das Freizeichnungsdokument seinem Mandanten zur Verfügung stellen, damit dieser seiner Prüfpflicht aus § 87d Abs. 3 Satz 2 AO nachkommt. Allerdings ist bisher mangels Rechtsprechung ungeklärt, ob sich die beabsichtigte Rechtssicherheit für die Beteiligten tatsächlich ergibt. Eine Frage ist z.B., welche etwaigen steuerstraf- bzw. beweisrechtlichen Risiken sich für den Mandanten aus einem solchen Dokument ergeben können.   

Wenn der Mandant beim Lesen des Freizeichnungsdokuments im Zeitpunkt nach der Erklärungsabgabe bemerkt, dass er seinem Berater unzutreffende oder unvollständige Daten zur Verfügung stellte, trifft nach überwiegender und zutreffender Ansicht allein den Mandanten die Anzeige- und Berichtigungspflicht aus § 153 AO und nicht den Berater und seine Mitarbeiter (BGH, Urteil v. 20.12.1995 - 5 StR 412/95). Ein Berater kann allerdings im Einzelfall aus §§ 34, 35 AO berichtigungsverpflichtet sein.

Mangels Rechtsprechung ist ungeklärt, ob sich durch die Neuregelung in § 87d Abs. 3 Satz 2 AO erweiterte Prüfungspflichten für den Mandanten gegenüber der bisherigen Rechtslage ergeben oder sich die gebotene Prüfungsdichte erhöht hat.

Der Wortlaut des § 87d Abs. 3 Satz 2 AO legt nicht die notwendige Prüfungsintensität fest. Der BFH hatte in seinem Urteil v. 29.10.2013 - VIII R 27/10 (BStBl 2014 II S. 295) – für einen Zeitraum vor Einführung der Prüfpflicht – in Bezug auf Leichtfertigkeit i. S. des § 378 AO ausgeführt, dass das Vertrauen des Mandanten in die Tätigkeit seines Beraters grundsätzlich schützenswert ist wenn dieser alle Informationen zur Verfügung hatte.

Ungeklärt ist, ob dieser Vertrauensgrundsatz weiterhin gilt (mit den bisherigen Einschränkungen) oder ob sich neue Prüfpflichten durch die Neuregelung ergeben haben. Gegen neue Pflichten spricht sich in der Literatur Rechtsanwalt Dirk Beyer von der Sozietät LHP aus (NWB 2018, S. 499).

Allerdings kann die Benutzung des Freizeichnungsdokuments für ein Steuerstrafverfahren s jedenfalls eine Bedeutung als Indiz für die Beweiswürdigung haben.

Aus einem unterschriebenen Freizeichnungsdokument können sich durch das Datum Rückschlüsse auf den zeitlichen Ablauf der Erklärungsanfertigung und -abgabe ergeben. Die Ermittlungsbehörde profitiert davon, wenn sie durch ein Beweismittel Kenntnis vom zeitlichen Ablauf der Erklärungsabgabe erlangt.  Denn so kann sie das vorgeworfene Verhalten konkretisieren. Denn der Vorwurf ist entweder auf die ursprüngliche Erklärungsabgabe (aktives Tun) oder – bei zeitlich nachträglicher Prüfung – auf das Unterlassen der Erklärungsberichtigung bei späterer Kenntnis der Unrichtigkeit (§ 153 AO) zu beziehen. Weiterhin können sich durch diese Konkretisierungen Auswirkungen auf etwaige Rücktrittsmöglichkeiten (§ 24 StGB), Selbstanzeigen (§§ 371, 378 Abs. 3 AO) und die Gesichtspunkte der Tatvollendung und -beendigung ergeben.

Weitere aktuelle Hinweise zu diesen brisanten Praxisfragen gibt Rechtsanwalt Dirk Beyer in seinem Beitrag in NWB 2018, S. 499. Steuerberater sollten auch hier die weitere Entwicklung der Rechtsprechung im Blick behalten.


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