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Eine Information des DStV: Das BVerfG nimmt die Vorteile für Unternehmenserben im Rahmen der ErbSt auseinander

Kaum ein gutes Haar hat das Bundesverfassungsgericht an den Begünstigungen für Erben von Unternehmensvermögen während der mündlichen Verhandlung am 8.7.2014 in Karlsruhe gelassen Mit jeder weiteren Frage an die Vertreter der Bundesregierung wurde die grundlegende Kritik durch den Ersten Senat anschaulicher. Nach den Erörterungen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Verschonungsregelungen im Herbst durch das Urteil des BVerfG ins Wanken geraten, erheblich gestiegen. So stellt sich nun für viele die Frage nach dem praktischen Handlungsbedarf. Drauf weist aktuell der Deutsche Steuerberaterverband e.V. hin. Vertrauensschutz geht wohl vor Trotz der massiven Zweifel des BVerfG an den geltenden Regelungen, bleibt abzuwarten, wie der Richterspruch ausfällt. Dem BVerfG stehen abhängig von seiner rechtlichen Würdigung verschiedene Entscheidungsvarianten zur Verfügung. Die Entscheidungsmöglichkeiten bergen aber für die begünstigte Übertragung von Betriebsvermögen dann kein Risiko, soweit ein Erb- oder Schenkungsfall durch einen Steuerbescheid entschieden ist. Der Bescheid gewährt selbst bei dessen Vorläufigkeit durch den gesetzlich fixierten Grundsatz des Vertrauensschutzes dem Steuerpflichtigen Sicherheit. Liegt evtl. eine Teilnichtigkeit vor? Bei Erb- oder Schenkungsfällen, die bis zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht durch einen Steuerbescheid veranlagt wurden, sieht es hingegen anders aus. Eine gewisse Gefahr besteht in der Beratungspraxis, wenn das BVerfG nicht das ganze ErbStG, sondern allein die Verschonungsregelungen für verfassungswidrig erachtet und insoweit die Teilnichtigkeit ausspricht. Teilnichtigkeit würde bedeuten, dass die Begünstigungen für Unternehmensvermögen rückwirkend, seit dem 1.1.2009 bei der Steuerfestsetzung nicht mehr anwendbar wären. Mangels ausdrücklichem, gesetzlichem Vertrauensschutzes kämen erhebliche, zum Steuerentstehungszeitpunkt unvorhersehbare Mehrbelastungen auf die Steuerpflichtigen zu. Dies hätte die Wirkung einer echten Rückwirkung. Da allerdings die Entscheidung des BVerfG Gesetzescharakter hat (vgl. § 31 Abs. 2 S. 1 BVerfGG), sprechen gewichtige Gründe dafür, dass das BVerfG bei einem Ausspruch der Teilnichtigkeit die von ihm selbst insoweit, aus dem Rechtsstaatsprinzip heraus entwickelten Grundsätze zum Vertrauensschutz bei rückwirkenden Steuergesetzen zu beachten hat (vgl. Zipfel/Regierer/Vosseler in DStR 2014, S. 1089 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint der Ausspruch der Teilnichtigkeit verfassungsrechtlich kritisch. Eine Steuerfestsetzung nach dem Richterspruch für einen Erb- oder Schenkungsfall vor der Entscheidung dürfte insoweit rechtswidrig sein. Was hinterfragt das BVerfG? Das BVerfG hat in der mündlichen Verhandlung nicht den von ihm selbst, in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, dass eine gesetzliche Ungleichbehandlung zugunsten des mittelständischen Betriebsvermögens aus Gründen der Gemeinwohlbindung zulässig ist, angegriffen. Vielmehr monierte es mit seinen Fragen die Unschärfe sowohl der Gesetzesbegründung als auch die des Wortlauts des geltenden Rechts. Weder ginge der Förderungszweck für eine so weitreichende Begünstigung, wie sie derzeit bestünde, ausreichend aus den Gesetzesmaterialien hervor. Noch ließe der Gesetzeswortlaut im Detail erkennen, wer und was gefördert werden solle. Die Stellschrauben für eine zielgenauere, gerechtfertigte Verschonung traten durch die Fragen der Richterschaft deutlich hervor, so unter anderem: •Warum sei keine Vermögensobergrenze für das begünstigte Betriebsvermögen eingeführt worden? •Warum sei eine Begünstigung erst bei einem Verwaltungsvermögen von mehr als 50% ausgeschlossen? •Warum sei die Bindung der Begünstigung an die sog. „Mindestlohnsumme“ sowie „Lohnsummenfrist“ erst bei einer Beschäftigtenzahl von 20 Mitarbeitern aufgehoben? Beriefen sich die Vertreter der Bundesregierung zwar mit treffenden Ausführungen auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, dürfte dies dem BVerfG im Ergebnis nicht ausgereicht haben.

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