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BFH-Urteil zur erbschaftsteuerlichen Steuerklasse: Fälligkeit eines Vermächtnisses entscheidet

Mit Urteil vom 31.8.2021 (Az. II R 2/20) hat der BFH klargestellt, wer im Falle von Vor- und Nachvermächtnissen von wem erwirbt und welche Steuerklasse entsprechend zur Anwendung kommt.

Im Urteilsfall hatte der Erblasser seine Ehefrau zur alleinigen Erbin eingesetzt. Der Neffe wurde Vermächtnisnehmer eines Grundstücks. Das Vermächtnis war laut testamentarischer Regelung aber erst mit dem Tod der Ehefrau fällig.

Der Neffe verstarb 2011 und seine beiden Kinder wurden zu zweitberufenen Vermächtnisnehmern.

Als in 2012 die Ehefrau und Alleinerbin verstarb war fraglich, von wem die Zweitberufenen das Vermächtnis erwarben – von deren Vater (Steuerklasse I) oder von der Alleinerbin (Steuerklasse III).

Die Vorinstanz (FG Hessen, Urt. v. 6.11.2019, Az. 10 K 1104/18) hatte geurteilt, dass hier kein Erwerb vom Vater als Vorvermächtnisnehmer zu versteuern war, sondern von der Ehefrau des (ursprünglichen) Erblassers. Nach dem Verwandtschaftsverhältnis zu dieser sei Steuerklasse III anzuwenden.

Der BFH gab der Vorinstanz recht:

  • Zivilrechtlich liege ein Nachvermächtnis vor. Dieses stehe den Nacherbschaften erbschaftsteuerlich gleich.
  • Der Nachvermächtnisnehmer hat entsprechend § 6 Absatz 2 S. 1 ErbStG bei Eintritt des Nachvermächtnisfalls den Erwerb seines Vermächtnisses als vom Vorvermächtnisnehmer stammend zu versteuern
  • Da die Fälligkeit des Vermächtnisses erst mit dem Tod der Ehefrau des Erblassers eintrat (und nicht bereits beim Tod des Erblassers), erwarben die zweitberufenen Vermächtnisnehmer das Grundstück also von der Ehefrau.

Hinweis:
Auch ein möglicher Antrag nach § 6 Absatz 2 S. 2 bis 5 ErbStG auf Besteuerung nach dem Verhältnis zu dem (ursprünglichen) Erblasser änderte vorliegend nichts an der ungünstigen Steuerklasse III.


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