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BFH: Keine Schenkung bei Bedarfsabfindung im Scheidungsfall

In einem strittigen Sachverhalt hatten Eheleute vor ihrer Eheschließung Gütertrennung vereinbart und für den Fall der Beendigung der Ehe den gesetzlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Stattdessen räumte ein Ehepartner dem anderen abhängig von der Dauer der Ehe einen indexierten Zahlungsanspruch zum Zeitpunkt der Ehescheidung ein. Dieser sollte bei 15-jähriger Ehe 2 Mio. DM betragen und sich vor Ablauf der 15 Jahre um je 1/15 mindern.

 

Im Jahr 2014 wurde die Ehe nach 15 Jahren geschieden und der Abfindungsanspruch gezahlt. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer (Steuerklasse II, Freibetrag 20.000 Euro, 30% Steuersatz) fest, was vom Finanzgericht München (Urteil v. 02.05.2018, Az. 4 K 3181/16) bestätigt worden war.

 

Mit Urteil vom 1.9.2021 (Az. II R 40/19) hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz jedoch auf. Es läge eine sogenannte Bedarfsabfindung und somit keine freigebige Zuwendung vor.

 

Der BFH unterschied in seinem Urteil erstmals zwischen einer Pauschalabfindung und der sogenannten Bedarfsabfindung:

 

Pauschalabfindung:

Bei einer Pauschalabfindung wird eine Zahlung gegen Verzicht auf möglicherweise künftige Zugewinnansprüche vor Eingehung der Ehe geleistet. Dies erfülle den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung.

 

Bedarfsabfindung:

Bei einer sogenannten Bedarfsabfindung (wie im Urteilsfall) regeln die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung - abweichend von den gesetzlichen Leitbildern - umfassend individuell und berücksichtigen für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind. Dadurch kommt es bei der Zahlung lediglich zur Abgeltung eines bereits entstandenen Anspruchs. Dies erfülle nicht den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung.

 

Mit dem neuen Terminus der Bedarfsabfindung eröffnet der BFH neue Möglichkeiten der Gestaltung von Eheverträgen und der erbschaft- und schenkungsteuerneutralen Kompensation zwischen Ehegatten.

 

Zur Urteilsdiskussion, vgl. auch Münch in ZEV 2022 ab Seite 165.

 


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